Die Notwendigkeit, sich diesem Thema Führung in der katholischen Kirche zu widmen, liegt auf der Hand, die Probleme sind offensichtlich: Finanz- und Missbrauchsskandal, Reputationsverluste, Mitgliederschwund und Priestermangel, um nur einige Stichworte zu nennen. Das Kompetenzzentrum Führung möchte hier einen konstruktiven Beitrag leisten, um die Führungspraxis im deutschsprachigen Katholizismus zu verbessern.
Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit wird dabei von zwei Fragen geleitet:
- Welche Kompetenzen benötigen kirchliche Führungskräfte der obersten Ebene von Bistümern, Generalvikariaten, Caritasverbänden, Krankenhäusern und weiteren Verbänden?
- Wie können diese Kompetenzen vermittelt werden?
Im Hintergrund der Arbeit steht die Überzeugung, dass der Schlüssel zur Bewältigung der Herausforderungen darin besteht, die organisatorische Gestalt ernst zu nehmen, welche die Kirche seit Beginn des 19. Jahrhunderts angenommen hat. Der Prozess der organisatorischen Differenzierung betraf zunächst die katholischen Vereine und Verbände, die vor allem im 19., aber auch im 20. Jahrhundert in Deutschland florierten. Spätestens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat aber auch die verfasste Kirche organisatorische Gestalt angenommen, also die Bistümer, Generalvikariate und Pfarreien. In organisatorischer Hinsicht gibt es keinen Unterschied zwischen Einrichtungen der verfassten Kirche und katholischen Verbänden und Vereinen. Diese Beobachtung gilt auch für die Beratungs- und Entscheidungsprozesse in der Kirche, die ebenfalls stark reguliert sind. Dies gilt sowohl für Prozesse nach kirchlichem Recht (Bischofssynode, Sonderräte und Diözesansynoden), als auch für „freie“ Prozesse, die in den letzten Jahrzehnten in Deutschland beobachtet werden konnten (Gesprächs- und Dialogprozesse, Leitbildprozesse usw.), die zwar nicht kirchenrechtlich reguliert sind, aber ebenfalls starke organisatorische Voraussetzungen haben.
Die Pastoraltheologie bearbeitet das Führungsthema – wenn überhaupt – stark unter dem interaktionalen Aspekt. Dabei wird Führung vor allem als Personalführung begriffen und im Kontext der Gemeindetheologie thematisiert. Dieser Aspekt ist zweifellos wichtig und unverzichtbar. Aber die aktuelle Führungskrise ist nicht zu meistern, wenn man sich auf gute Personalführung und Gemeindeleitung beschränkt. Gerade die zu Beginn genannten Probleme machen deutlich, dass die Kirche es mit strukturellen Problemen zu tun hat, die den organisatorischen Aspekt der Kirche betreffen und auch auf dieser Ebene bearbeitet werden müssen. Dieser Aufgabe stellte sich das Kompetenzzentrum Führung des zap.